Der Gründer der Gemeinschaft „Sant`Egidio“, Andrea Riccardi, hat an diesem Donnerstag
den Internationalen Karlspreis entgegen genommen. Die Feier in Aachen, bei der wichtige
Persönlichkeiten für den Aufbau Europas geehrt werden, findet jedes Jahr an Christi
Himmelfahrt statt. Zu den Trägern der renommierten Auszeichnung zählt auch Papst Johannes
Paul II. Vor der Preisverleihung nahm der 58-jährige Riccardi, ein Geschichtsprofessor
aus Rom, im Aachener Dom an einem Dankgottesdienst teil. Aachens Oberbürgermeister
Jürgen Linden betonte dann beim Festakt im Aachener Rathaus, dass Riccardi und „Sant`Egidio“
eine wichtige Botschaft für Europa hätten: „Wir können ohne ethische
Prinzipien, ohne eine soziale und humane Ordnung, nicht weiterleben. Der freie Finanzmarkt
hat zuviele Menschen ausgenutzt; Profitsucht von wenigen, die Arbeit und Existenz
von Millionen gefährdet! Es ist eigentlich unerklärlich, dass die Welt diesem Treiben
jahrelang nur zugeschaut hat. Wir brauchen global eine neue soziale Marktwirtschaft!
Es ist die besondere Aufgabe von uns Europäern, den Völkern weltweit zu zeigen, dass
eine solche neue Ordnung auch Wirklichkeit werden kann. Das humane Zusammenleben der
Menschen in der einen, globalisierten Welt ist die große Herausforderung, der sich
der Träger des Internationalen Karlspreises 2009 seit vielen Jahren stellt.“ Der
50. Karlspreisträger Riccardi warb in seiner mit viel Applaus bedachten Dankesrede
für ein starkes geeintes Europa. Der Kontinent stehe in der Gefahr, sich aus der Geschichte
zu verabschieden und in „nationale und regionale Egoismen“ zu verfallen. Doch Europa
dürfe nicht für sich allein leben. Dazu fordere das Christentum auf. „Die Welt braucht
Europa, seine Menschlichkeit, die Stärke seiner Vernunft, seine Fähigkeit zur Vermittlung,
seine wirtschaftliche Kraft, seine Kultur.“ Trotz Weltkriegen und Shoa könne es „zu
einem Paradigma des Friedens“ werden, so Riccardi. „Die Kultur des Zusammenlebens
ist unsere Antwort auf den Terrorismus“. Der Preisträger rief die europäischen Staaten
insbesondere auf, sich nicht aus Afrika zurückzuziehen. Er plädierte für ein „Euroafrika,
zwei Kontinente, die auf gleicher Ebene vereint sind“.
Die 1968 in Rom gegründete
ökumenische Bewegung Sant'Egidio hat nach eigenen Angaben 50.000 Mitglieder in 70
Ländern. Für ihre Friedensinitiativen etwa in Mosambik und Guatemala erhielt sie 1999
den Friedenspreis der UNESCO.